Brüderlichkeit im Islam
18. November 2022
23. Rabi al-Ahir 1444Verehrte Muslime,
in unserer heutigen Hutbe geht es um die Brüderlichkeit im Islam.
Menschen werden durch Abstammung von einem Elternteil zu Blutsbrüdern und -schwestern. Zwischen ihnen gibt es gemeinsame Werte wie die Familienbande, das Teilen der Liebe und Güter der Eltern, die Teilhabe am Erbe. Diese Gemeinsamkeiten bleiben in einer kleinen Gemeinschaft und gehen darüber nicht hinaus.
Die religiöse Brüderlichkeit unter Muslimen jedoch schafft spirituelle Bindungen, die die gesammte Gemeinschaft zusammenhalten und zum Frieden und Glück in der Gesellschaft beitragen. Daher müssen wir die islamische Brüderlichkeit gut verstehen und seinen Anforderungen gerecht werden.
In der von mir rezitierten Ayet Kerime sagt Allah Te’ala: „Wahrlich, die Gläubigen sind Brüder. So stiftet Frieden zwischen euren Brüdern. Und fürchtet Allah, auf dass ihr Erbarmen finden möget.“ (Sure al-Hudschurat, 49:10)
Die islamische Brüderlichkeit bedeutet zugleich aufrichtige Freundschaft. Damit diese Brüderlichkeit von Dauer ist und ohne Probleme fortgesetzt werden kann, müssen beide Seiten einige Punkte beachten.
Die erste Bedingung ist Liebe, Liebe um Allahs willen, in reiner Absicht und fern von jeglichen weltlichen Interessen. Denn interessensgeleitete Freundschaften sind falsch und kurzlebig. Unser Prophet (s.a.w.) hat berichtet, dass jeder, der jemanden um Allahs willen liebt, den Geschmack des Imans kosten wird. Ferner hat er befohlen und zur Sunna erklärt, dass einer, der jemanden liebt, ihm seine Liebe mitteilen soll. Hierzu heißt es in einem Hadis Scherif: „Wenn einer von euch seinen Bruder (in der Religion) liebt, soll er ihn wissen lassen, dass er ihn liebt.“ (Abbu Dawud, Adab 113) Dieses Vorgehen fördert die gegenseitige Zuneigung und das Zusammenwachsen.
Wenn ein Muslim seinen Bruder im Islam begegnet, so soll er ihn mit dem islamischen Gruß begrüßen und wenn jener ihn grüßtö so soll er auf die gleiche Art den Gruß erwidern.
Wenn ein Muslim niest, sagt er „Elhamdulillah“ (Lob sei Allah). Sein Bruder im Islam, der ihn hört, entgegnet: „Yarhamukallah“ (Möge Allah sich deiner erbarmen). Der Niesende erwidert ihm daraufhin: „Yahdina wa yahdikumullah“ (Möge Allah uns und euch rechtleiten).
Es gehört auch zu den Pflichten der Brüderlichkeit einer Einladung zu einem Mahl, zu einem Hochzeits- oder Beschneidungsfest, in denen nichts Sündhaftes geschieht, Folge zu leisten.
Ein Muslim sollte seinem Bruder, der ihn um Rat bittet, beraten und nicht wütend werden, wenn ihm ein Rat gegeben wird, ohne dass er darum gebeten hat.
Muslime besuchen ihre Glaubensgeschwister, wenn sie krank sind und nehmen an ihren Beerdigungen teil, wenn sie sterben.
In einem Hadis Scherif heißt es: „Ein Muslim hat sechs Rechte gegenüber seinem Bruder (im Islam).“ Auf die Frage „Welche sind diese, o Rasulallah?“ fuhr unser Prophet (s.a.w.) wie folgt fort: „Grüß ihn, wenn du ihn begegnest! Folge ihm, wenn er dich einlädt! Gib ihm Rat, wenn er dich um Rat bittet! Erwidere ihm mit „Yarhamukallah“, wenn er niest und „Elhamdulillah“ sagt! Besuche ihn, wenn er krank wird und sei bei seiner Beerdigung, wenn er stirbt!“ (Muslim, Hadisnr. 2162)
Es gibt Pflichten, die wir unseren religiösen Brüdern und Schwestern gegenüber erfüllen müssen, aber auch Dinge, die wir nicht tun sollten. Der folgende Hadis Scherif erklärt dies sehr gut: „Neidet einander nicht, überbietet einander nicht (beim Kaufpreis, ohne die Absicht zu kaufen), hasst einander nicht und kehrt einander nicht den Rücken zu! Die einen von euch sollen das (abgeschlossene) Kaufgeschäft eines anderen nicht durch ihr Verkaufsangebot zum Scheitern bringen. O Diener Allahs, seid Brüder!" (Muslim, Birr 32)
Lasst uns diese Hadise als Maßstab nehmen und uns fragen: Haben wir es nunmehr geschafft, Brüder zu sein, wie es der Gesandte Allahs wünscht?